Kapitel 6
Die Hütte im Wald ....
Am nächsten Morgen wurden die Kinder relativ früh von den Großeltern geweckt. Die Oma hatte schon einen Picknickkorb zusammengepackt, und Getränke auf 3 Rucksäcke verteilt. Dann ging es los. Das Haus wurde sorgsam abgeschlossen, und die Kinder liefen voraus zum Tor. Dort wollten sie mit ihrer Inspektion beginnen. An der Innenseite der Mauer waren überall Sträuche und Bäume, aber mann konnte relativ nahe an der Mauer entlang gehen.
Die Stelle, an der Gerhardt über die Mauer geklettert war, wurde schnell entdeckt. Auf der Grundstücksseite war eine Leiter, und auf der Straßenseite waren die Äste an einem Baum so abgesägt und aneinandergebunden, daß man gut hinübersteigen konnte.
Großvater meinte, man solle das ersteinmal lassen, jetzt wissen man ja, wie er hinüber käme. Lieber ersteinmal nach Schäden im Mauerwerk suchen, meinte auch Oma Anne. Weiter ging es, immer an der Mauer entlang. Nach einiger Zeit wurde das Gelände an der Mauer fast unpassierbar. Man mußte immer weiter in den Wald hinein, wenn man sich nicht durch die ganzen Sträucher und Bäume quälen wollte. Tom entdeckte einen Trampelpfad. Schaut mal, da verschwindet ein Trampelpfad im Wald!, rief er den anderen zu und zeigte darauf. Die anderen kamen hergelaufen. Erkunden wir den? Toni sah Opa mit leuchtenden Augen an. Er war abenteuerlustig und wollte etwas erleben. Auch die anderen Kinder schauten den Opa erwartungsvoll an. Hm, ich weiß nicht..., was meinst Du, Oma? Er sah seine Frau augenzwinkernd an. Diese lachte schallend und sagte nur: Du bist genauso abenteuerlustig wie die ganze Rasselbande hier, also los!
Sie gingen den Trampelpfad entlang, und waren nun leise, da sie nicht wußten, was, oder vor allem, wer ihnen begegnen würde. Immer langsamer ging es voran, da niemand wußte, wann und wo der Pfad enden würde. Und dann, plötzlich, standen sie am Rand einer kleinen Lichtung. Schnell zogen sie sich zurück, um nicht gesehen zu werden. Eine große Hütte, und ein Hochsitz! Isa staunte. Und wozu das, hier mitten im Wald? Sie schaute die anderen fragend an. Das wird die alte Forsthütte sein, in der der Förster wohnte, vermutete Opa Fritz. Nur, sie wirkt relativ frisch renoviert, und schaut, da steht ein Grill unter dem Vordach, der schaut gar nicht alt aus. Während sie sich flüsternd unterhielten, ging die Türe zur Hütte auf, und ein junger Mann trat heraus, schloß die Türe hinter sich ab und ging los in Richtung Trampelpfad. Schnell ins Gebüsch, und keinen Ton! kommandierte der Opa. Schnell wie der Blitz versteckten sie sich im Gehölz und warteten, daß der Fremde an ihnen vorbei ging. Sie blieben ersteinmal noch versteckt, und Opa schlich hinter dem Mann her. Nach etwa 10 Minuten kam er zurück. Okay, er ist weg, sagte Opa.
Anne, hast Du ihn auch erkannt? Fragend sah er seine Frau an. Ja, habe ich! antwortete diese ihm. Isa meinte derweil zu den anderen Kinder: Irgendwie sah der gar nicht glücklich aus, der hat total traurige Augen gehabt. Die Großeltern nickten. Er ist der Sohn von Gerhardt, und war noch nie wie sein Vater, nie mit dessen Handeln einverstanden. Oma sagte nur: Gerade mal 25 ist der Bursche, und sein Vater hält ihn kurz, wie einen Schuljungen. Martin sollte eigentlich in die Firma seines und eures Vaters eintreten. Er hatte auch schon angefangen, dort zu arbeiten, während seines Studiums. Aber als euer Vater starb, drängte Gerhardt ihn aus der Firma raus, verdonnerte ihn zum reinen Studium, und finanziert ihm dieses, aber mit so wenig Geld, wie irgend möglich. Nur so hat er seinen Sohn voll unter Kontrolle. Die Kinder sahen die Großeltern an. So ein Mistkerl!, rief Tim, und ballte seine Fäuste.
Nun laßt uns schauen, was der alte Gerhardt ausgeheckt hat, denn nur das kann der Grund sein, daß Martin hier ist, sagte Oma Anne zu den anderen. Sie gingen nun zur Hütte und schauten von außen rein. Das müßte man von innen sehen, dann erkennt man mehr! sagte Mara. Charli grinste: Na dann hinein in die gute Stube. Sie nahm den Schlüssel, der neben der Türe an einem Haken hing, und schloß auf. Die anderen lachten. Das ist mir ja gar nicht aufgefallen, als er abschloß! Oma schaute die anderen belustigt an. Die rechnen nicht damit, daß wir diese Hütte jemals entdecken, denke ich. Neugierig sahen sie sich in der Hütte um.
Tim staunte. Schaut euch mal diese Ausrüstung hier an! Er zeigte auf Nachtsichtgläser und auch normale Ferngläser. Die anderen kamen neugierig rüber. Tom schaute sich die Sachen an, und entdeckte im gleichen Regal noch andere interessante Dinge. Schaut mal, das sind Walki-Talkis. Er wollte eines in die Hand nehmen und anschauen, aber Opa hielt ihn davon ab. Nicht anfassen, junger Mann, keiner darf hier etwas anfassen, und anders wieder hinlegen, als es lag, sonst fällt denen auf, daß wir hier waren! Tom seufzte. So schöne Funkgeräte, und ich darf sie mir nicht näher anschauen. Sie schauten sich weiter in der Hütte um.
Mara drehte sich zu den anderen rum. Was ist, wenn einer der beiden wiederkommt? Sollten wir keine Wache aufstellen? Die anderen schauten sie an. Keine schlechte Idee! sagte Opa, das Madel denkt mit!
Mara ging raus und sagte: Ich gehe mal auf Wachposten.
Die anderen schauten sich in der Zwischenzeit auch außerhalb der Hütte um. Toni kletterte auf den Hochsitz neben der Hütte, und kam ganz aufgeregt wieder runter. Die haben da oben so richtig große Fernrohre, 3 Stück, und die sind auf's Haus, auf's Poolhaus und auf den Pool gerichtet. Also muß am Pool was sein! Charli sah ihn nachdenklich an. Oder sie haben eines, das sie flexibel einsetzen, damit sie besser verfolgen können, was wir machen, und der Pool ist nur zufällig gerade ausgewählt. Toni überlegte. Besser als meine Theorie! sagte er anerkennend.
Dann kam Mara angelaufen. Schnell, macht zu, sie kommen, in ein paar Minuten sind sie hier! Wie der Blitz stoben alle aus der Hütte raus, Isa schloß schnell ab, hängte den Schlüssel neben die Türe und sie rannten in das angrenzende Waldstück. Keine Minute zu früh waren sie weg, schon hörten sie Stimmen.
Es waren aber nicht Gerhardt und sein Sohn Martin, sonder Gerhardt mit 2 fremden Männern, die irgendwie sehr unangenehm aussahen. Tim drückte sich ängstlich an den Großvater, ihm flößten die fremden Männer Angst ein. Auch den anderen waren sie unheimlich, und sie hofften, schnellstens weg zu können. Nachdem die 3 Männer in der Hütte verschwunden waren, schlichen sie die Kinder mit den Großeltern durch den Wald zum Trampelpfad und gingen an dessen Beginn zurück.
Puh, was waren denn das für üble Gestalten!? Charli schüttelte sich. Die waren ja mega unheimlich! Tom gab ihr recht. Opa, kennst Du die? Toni sah Opa Fritz fragend an. Dieser schüttelte den Kopf. Tut mir leid, Kinder, aber da kann ich nicht weiterhelfen, die habe ich noch nie gesehen! Isa war seltsam ruhig und blaß. Mara sah sie besorgt an. Geht es Dir nicht gut? Isa sah sie an. Doch doch, sagte sie etwas sehr schnell, alles okay mit mir.
Dann drehte sie sich um, und ging vor. Laßt uns weitergehen, sagte sie, wir haben noch eine große Strecke vor uns, und sollten mal nach einem netten Picknickplatz Ausschau halten. Sie drehte sich im Gehen kurz um. Oder habt ihr keinen Hunger und Durst? Die anderen gaben ihr recht. Eine gute Idee! Sie arbeiteten sich wieder in Richtung Mauer vor, gingen an ihr entlang durch das unwegsame Gebüsch, bis sie am Ende des Waldstückes waren und wieder auf Wiese stießen. Schaut mal, dorthinten ist die Villa! Mara zeigte mit ausgestreckter Hand auf das Haus. Und am Ende der Wiese ist ein Hügel, sagte Tom. Sollen wir uns nicht hier ersteinmal hinsetzen und etwas Pause machen? Hier direkt am Waldrand sehen die uns bestimmt nicht, sollten sie auf dem Hochsitz sein. Die anderen gaben ihm recht. Und hier ist es nicht so heiß, sagte Toni, der sich in die Sonne gestellt hatte. Die brennt ja wie Feuer, davon hat man im Wald nichts bemerkt.
Oma Anne breitete 2 Decken am Waldrand aus, und alle nachmen Platz. Dann wurden der Picknickkorb und die Rucksäcke geplündert. Gut, daß wir die Sachen nicht in der Hütte vergessen haben! Toni biß herzhaft in sein Brötchen.
Die Hälfte müßten wir nun geschafft haben. Opa Fritz sah die Kinder an. Und außer der Stelle, über die Gerhardt immer klettert, sind mir bisher keine Schäden im Mauerwerk aufgefallen, die wußten damals, was sie bauen, echt stabil! Er nickte anerkennend. Nach dem sie alle etwas gegessen hatten, legten sie sich in den Schatten und dösten ein Weilchen vor sich hin.
Nach einer Stunde mahnte Oma Anne, weiterzugehen, damit man am späten Nachmittag wieder daheim wäre. Die anderen stimmten zu. Sie packten die Sachen zusammen und gingen dann weiter. Um nicht entdeckt zu werden, hielten sie sich dicht an der Mauer, auch wenn es dort durch die Sträuche und Bäume etwas unwegsam war. Charli stöhnte: Wenn die nicht da wären, könnten wir über die Wiese gehen, da würde man nicht dauernd irgendwelche Äste ins Gesicht bekommen. Die anderen lachten. Bald haben wir es geschafft! Toni versuchte Charli zu trösten, da er vor ihr ging, und nie darauf achtete, die Äste für die, die hinter ihm gingen, festzuhalten, sondern sie immer flitschen ließ. Das nächste Mal gehe ich vor, dann weißt Du, weshalb ich so stöhne! Charli sagte das nicht gerade freundlich. Sie rieb sich das Gesicht, weil Toni schon wieder einen Ast einfach so losgelassen hatte, bevor sie reagieren konnte. Nun hab' Dich nicht so! Mädchen! Toni lief an den anderen vorbei voraus.
Endlich hatten sie es geschafft, waren über den Hügel weg und wieder in einem Waldstück. Sie atmeten auf. Nun würden die Männer sie nicht mehr entdecken können, denn zwischen ihnen lag der Hügel, und sie waren durch die Bäume gut versteckt.
Der restliche Weg bis zum Haus zurück gestaltete sich recht einfach. Sie entdeckten keine weiteren Schäden an der Mauer, und waren froh, als sie nach einiger Zeit endlich wieder am Tor ankamen. Sie gingen vom Tor aus über die Auffahrt zurück. In dem Bewußtsein, vielleicht beobachtet zu werden, gaben sie sich fröhlich, als wären sie auf einem Ausflug zu Fuß gewesen. Das Tor konnten man durch den Wald vom Hochsitz nicht sehen, meinte Toni, erst ab der ersten Kurve im Weg sieht man was. Opa sah ihn erstaunt an. Sag bloß, Du hast das Fernrohr verstellt? Toni sah ihn an. Ja, aber direkt wieder zurück auf den Pool gestellt. Toni verteidigte sich. Ich wollte doch wissen, was man alles sehen kann. Charli sah ihn an. Typisch Jungen, müssen überall dran rumspielen, ohne vorher nachzudenken! Dann lief sie vor zum Haus, schloß auf und ging rein. Toni streckte ihr die Zunge raus, Blöde Ziege! Er lief um das Haus herum zum Poolhaus. Die anderen gingen mit den Großeltern in die Küche, und halfen, die restlichen Picknicksachen auszupacken und zu verstauen. Tim und Tom gingen zu Toni ins Poolhaus, um mit ihm die Eisenbahn weiter aufzubauen. Die Mädchen hingegen halfen der Oma, das Abendessen vorzubereiten und legten sich anschließend noch ein wenig an den Pool und lasen etwas. Sie hatten auf dem Dachboden jede Menge alter Bücher gefunden, und auch Maras Bücher waren ja mittlerweile durch den Umzug alle da.
Ewo uns Conny waren froh, daß die Mauer keine weiteren Schäden aufwies, als sie den Bericht über die Inspektion bekamen. Nur die Sache mit der Hütte und den fremden Männern, die gefiel beiden nicht.
Wir werden schon noch rausbekommen, was die vorhaben! Tim sah die Erwachsenen zuversichtlich an. Ewo und Conny sahen ihn teils belustigt, teils besorgt an. Das befürchte ich auch! sagte Conny, und das macht mir Angst. Gut, daß Anne und Fritz da sind. Sonst würde ich euch sofort zurück in das Feriencamp bringen! Die Kinder schauten sie empört an. Wir sind doch groß genug, um damit fertig zu werden! Charli war entrüstet. Immerhin haben wir uns nicht vor Angst in die Hosen gemacht, als der blöde Gerhardt zum ersten Mal hier war!
Ewo lachte. So kannte er seine Charli, immer mit dem Kopf durch die Wand. Charli, ich befürchte, das Bedenken von Conny ist mehr als berechtigt. Ich werde mal Arni anrufen, vielleicht kann der euch mal einladen, und ihr schaut, ob ihr die Gestalten wiedererkennt! Er wandte sich zu Conny. Arni ist ein Freund von mir, der bei der Kripo arbeitet. Ewo war zuversichtlich, daß die Kinder die beiden Männer wiedererkennen würden. Arni ist aber noch über 3 Wochen im Urlaub, Papa, mischte sich Isa ein, der ist doch erst am Montag weggefahren für 4 Wochen.
Ewo sah Isa an. Das ist Mist, mir wäre es lieber gewesen, wir hätten Klarheit, ob das gesuchte Gestalten sind, die beiden Männer.
Wir passen schon auf die beiden auf, Ewo, keine Sorge! Anne lächelte Ewo aufmunternd zu.
Wenn ihr nicht da wäret, dann wäre ich noch viel besorgter, Anne, gab Ewo zu. Ich hoffe, daß die Kinder nicht euch irgendwo mit reinreißen. Fritz lachte. Das wäre endlich mal eine gute Abwechslung, Ewo, der Rentneralltag ist sehr langweilig. Ich mag hier gar nicht mehr weg! Anne stimmte ihm zu. Hier will ich auch bleiben!
Die Kinder jubelten. Hurra, sie bleiben, sie bleiben. Sie tanzen um den Tisch herum und freuten sich.
An diesem Abend saßen sie noch lange zusammen und überlegten, wie sie am besten die Großeltern und auch Ewo mit seinen Töchtern so in der Villa unterbringen könnten, daß jeder seine Privatsphäre hätte, aber auch alle sich jederzeit treffen könnten. Irgendwann mitten in diesen Überlegungen fing Isa an, herzhaft zu gähnen, und auch Toni und Tim gähnten mit. Die Erwachsenen schauten auf die Uhr. So spät schon? rief Conny aus. Nun aber ab ins Bett mit euch! Die Kinder waren so müde, daß sie ohne zu murren in ihr Bett gingen, und auch schnell einschliefen.
In dieser Nacht wurde Isa von den schlimmesten Alpträumen, seit die Kinder sich kannten, gequält. Charli rief Ewo zur Hilfe, weil sie es diesmal nicht alleine schaffte, Isa zu beruhigen. Dieser nahm Isa schließlich mit in sein Zimmer, damit sie dort weiterschlafen konnte. Die anderen Kinder schliefen nach dieser Unterbrechung schnell wieder ein. Nur Isa weinte sich noch lange bei ihrem Vater in den Schlaf, wollte aber nicht sagen, wieso. Ewo merkte, daß sie vor irgendetwas sehr viel Angst hatte, aber er bekam den Grund nicht heraus.
© GisHo (Montag, 26. Mai 2003 17:48:01)